Hanna Cluse absolviert eine fachschulische Ausbildung zur Erzieherin

Von Tom Marquas
30.11.2022 Schermbeck. In lockerer Folge stellen wir Ausbildungsberufe vor:
Hanna Cluse ist 21 Jahre jung und wenn Sie nicht gerade ehrenamtlich bei der freiwilligen Feuerwehr in Schermbeck mithilft, absolviert sie eine fachschulische Ausbildung zur Erzieherin . Momentan durchläuft sie dafür ein Blockpraktikum in der Kindertagesstätte St. Ludgerus.
Im Gegensatz zu einer berufsbegleitenden Ausbildung, ist eine fachschulische Ausbildung, wie der Name bereits impliziert, deutlich theoretischer aufgebaut. Während ihrer Ausbildung durchläuft Hanna allerdings auch drei sogenannte Blockpraktika, bei denen sie über mehrere Monate Einblicke in den Berufsalltag bekommt. Neben dem Praktikum in der KiTa muss Hanna später außerdem noch ein Praktikum in einer Grundschule und eines mit Bezug zu Jugendlichen absolvieren. Insgesamt dauert ihre fachschulische Ausbildung zwei Jahre, zuzüglich eines Anerkennungsjahres.
Als sich Hanna für diesen Ausbildungsweg entschied, waren für sie die verschiedenen Weiterbildungsmöglichkeiten, die diese Ausbildung mit sich bringt, besonders attraktiv. Da man durch die Blockpraktia verschiedene Berufsfelder kennenlerne, habe man dementsprechend später die Möglichkeit, in einem dieser Berufsfelder zu arbeiten. Was bei ihrer Ausbildung ebenfalls nicht fehlen darf, ist die Freude am Umgang vor allem mit jungen Menschen. „Es freut mich zu sehen, wenn Kinder heranwachsen und sie dabei begleiten zu können.“, erzählt uns Hanna dazu. Sie betont jedoch auch, dass es nicht die Aufgabe der Erzieherinnen und Erzieher sei, die Kinder zu erziehen. „Viele denken, dass Erzieher die Kinder tatsächlich erziehen. Das stimmt so nicht. Wir sind Wegbegleiter.“
Ihr Tagesablauf beginnt in der KiTa dabei um neun Uhr morgens mit einem sogenannten Blitzlicht. Dabei besprechen die Kinder wichtige Themen der Woche, zum Beispiel den vergangenen Martinsumzug, und den Ablauf des Tages. Danach sei es an Hanna, die täglichen Vorkommnisse in einer KiTa zu begleiten und den Kindern bei Streitigkeiten oder beim Spielen zur Seite zu stehen und zu helfen.
Wie viele Schermbecker Kinder besuchte auch Hanna Cluse früher selbst die St. Ludgerus KiTa und kannte sie daher schon. Ein weiterer Grund, der sie dazu bewegt hat, ihr Praktikum dort zu absolvieren, sei die geringe Entfernung zwischen ihrem Wohnort und der KiTa.
Herausfordernd an ihrer fachschulischen Ausbildung sei vor allem die Schulzeit, die nach der Sekundarstufe 1 noch dazu kommt und die verschiedenen neuen Fächer, die sich teils deutlich von denen einer Gesamtschule oder eines Gymnasiums unterscheiden. Auch im Berufsalltag gibt es Situationen, die belastend oder anstrengend sein können. „Kinder kommen mit all ihren Problemen zu dir. Damit muss man umgehen können.“ Generell rät sie aber: „Es ist wichtig, Fehler zuzulassen.“
Besonders schön sei es hingegen, mit Kindern Probleme zu erkennen und diese dann gemeinsam zu lösen. „Es freut mich auf jeden Fall, die Kinder lachen zu sehen.“, fügt sie hinzu. Außerdem gefalle ihr das offene KiTa-Konzept, an dem sich der Alltag der Kinder in der St. Ludgerus Kindertagesstätte orientiere. Die Kinder können sich dabei frei in den Räumlichkeiten der KiTa bewegen, ohne festen Gruppen zugeteilt zu sein, wie es früher der Fall war. Das bedeute für die Kinder, sie könnten selbstbestimmt entscheiden, wo sie mit wem spielen wollen.
„Ich bin ein praktischer Lerner.“, antwortet uns Hanna auf die Frage, warum sie sich gegen ein Studium und für eine Ausbildung entschied. Der schulische Anteil sei höher als bei berufsbegleitenden Ausbildungen, biete allerdings auch mehr Möglichkeiten als eine herkömmliche Erzieherausbildung, mit der man nach deren Absolvierung ausschließlich mit Kleinkindern arbeiten könne.
Ein Hindernis bei der Wahl der fachschulischen Ausbildung sei jedoch die fehlende Vergütung. „Viele machen die fachschulische Ausbildung nicht, weil es kein Gehalt gibt.“, berichtet Hanna. Somit sei diese Ausbildung nicht für jeden möglich, der finanziell vielleicht nicht auf elterliche Hilfe hoffen könne. Die Möglichkeit, Bafög zu beantragen bestünde zwar, sei allerdings sehr langwierig und könne nicht selten insgesamt rund ein Jahr beanspruchen, bis Geld auf das Konto eingehe. Dies müsse sich schnell ändern.
Für Hanna ist die Ausbildung eine Herzenssache und nicht bloß reiner Zeitvertreib. Pläne für die Zeit nach der Ausbildung hat sie noch nicht. Da sie erst im ersten von drei Ausbildungsjahren sei, habe sie es damit auch noch nicht besonders eilig, sondern freue sich vielmehr auf weitere Erfahrungen.
Für alle Jugendlichen, die momentan überlegen, nach der Schule eine Ausbildung zu beginnen, hat Hanna noch ein paar Tipps: Verschiedene Praktika sein immer hilfreich, um einen ersten Eindruck eines Berufs zu erhalten. Auch Freunde und Familie können gute Ratgeber sein, da sie dich als Person gut kennen. Speziell bei einer Ausbildung zur Erzieherin sei es wichtig, dass man „mit Herzblut bei der Sache ist. Sonst hilft man auch nicht den Kindern.“
Menschen wie Hanna werden momentan händeringend gesucht. Der „Deutscher Kitaverband“ spricht in einem seiner Positionspapiere von mehr als 100.000 fehlenden Erzieherinnen und Erziehern bundesweit, Prognose stark steigend. Eine Studie der „Bertelsmann-Stiftung“ geht derweil von 101.600 fehlenden KiTa-Plätzen in NRW aus – ein verheerendes Signal für alle frischgebackenen Eltern.
Auch Ursula Heinemann spürt die Auswirkungen des Fachkräftemangels in ihrer Kindertagesstätte. „Du bekommst kaum noch qualifiziertes Personal.“, beklagt sie. Sie sorge sich außerdem um den Verlust der Professionalität, die der Beruf von einem verlangt, würde man die Anforderungen für eine Erzieherinnen-Ausbildung absenken. Ihr sei bewusst, dass der Beruf viel von einem Menschen abverlangt. „An die Rolle einer Erzieherin werden vielfältige Erwartungen gestellt.“ Dies sorge dafür, dass das Aufgabenfeld überlastet sei. Das führe zu erhöhten Personalausfällen aufgrund von Überlastung, woraus sich ein Teufelskreis entwickle. Die Bezahlung sei heutzutage jedoch nicht mehr das ausschlaggebende Problem. Bei der Vergütung „hat sich in den letzten Jahren einiges bewegt.“, so Ursula Heinemann.
Umso wichtiger ist es daher, dass dem Fachkräftemangel in Zukunft effektiv entgegengewirkt wird und der Beruf so wieder an Attraktivität gewinnt.