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Der Holocaust Überlebende Sami Steigmann erzählt die Geschichte seiner Familie

Von Tom Marquas
26.8.2022 Schermbeck. Der Holocaust Überlebende Sami Steigmann erzählte Schüler/innen der Gesamtschule aus seinem Leben. Tom Marquas -Schüler an der Gesamtschule und zufällig auch neuer Mitarbeiter dieses Portales- berichtet für uns über diese Veranstaltung, die ihn sehr berührte.

Sami Steigmann aus den USA hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, seine Geschichte zu erzählen - insbesondere jungen Menschen. Auf Initiative der Gladbecker Abiturientin Lilian Fee Magdanz kam Steigmann nach Deutschland, um vor verschiedenen Gruppen von dem zu erzählen, was vor rund 80 Jahren in Deutschland passiert ist. Die Schoah (nationalsozialistischer Völkermord) hat er als kleines Kind miterlebt, kam mit eineinhalb Jahren in ein Arbeitslager in der Ukraine. Heute erzählt er von seinem Schicksal und hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, gegen Hass anzugehen und junge Menschen zu ermutigen, für ihre Sache einzustehen.

Seit dem Jahr 2008 erzählt der Amerikaner seine Geschichte und ermutigt vor allem junge Menschen, sich für die wichtigen Dinge im Leben einzusetzen. Wie viele andere Zeitzeugen brauchte auch er Zeit, bis er an die Öffentlichkeit gehen konnte. Für ihn gab es in seinem Leben zwei besonders einschneidende Erlebnisse, die ihm zeigten, dass seine Geschichte einen wichtigen Beitrag für die Erinnerungskultur leisten kann.



Im Jahr 2003 besuchte Sami Steigmann das Holocaust-Museum in Washington, wo er einen Mann traf, der aus demselben Dorf kam, wie er. Dies sei der Moment gewesen, in dem er aufhörte, seine Vergangenheit zu ignorieren, berichtete er. Das zweite prägende Erlebnis fand 2007 nach seinem ersten Vortrag statt. Die Schülerinnen und Schüler, mit denen er sich unterhalten hatte, schickten ihm einige Tage später Dankesbriefe. Ein Mädchen schrieb, dass sie seinen Vortrag beeindruckend fand und seine Geschichte unbedingt ihren Kindern erzählen wird. Da habe er die Bedeutung seines Tuns gespürt und entschied sich, in Zukunft mit so vielen Menschen wie möglich zu sprechen. Er beschreibt es als ein befreiendes Gefühl, als er die ersten Male vor Gruppen sprach. Ihm selbst half es bei der Bewältigung dieses Lebensabschnittes, berichtete er.

Geboren ist Sami Steigmann 1939 in Czernowitz, der heutigen Ukraine. Als Sohn jüdischer Eltern kam er in ein NS-Arbeitslager. Da er mit gerade einmal eineinhalb Jahren dorthin verschleppt wurde, kann er sich an diese Zeit nicht erinnern. Er beschäftigte sich aber intensiv mit seinem Schicksal, weshalb er heute von dem erzählen kann, was ihm widerfahren ist.
Anders als viele Kleinkinder wurde Steigmann im Arbeitslager nicht von seinen Eltern getrennt. Anstatt ihn zu töten, entschieden sich die Nationalsozialisten, medizinische Experimente an ihm durchzuführen.

Die Folgen seiner Inhaftierung spüre er noch heute. „Ich werdet mich lachen sehen, aber ihr werdet niemals merken, dass ich Schmerzen habe“, erzählte er in seinem Vortrag. Er weiß nicht, was die Nazis mit ihm machten. Die konstanten Schmerzen aber, habe er schon sein Leben lang. Aber: Er habe gelernt mit ihnen umzugehen.
Seine Eltern überlebten den Holocaust ebenfalls. Aber auch in seiner Familie gab es Dutzende Todesopfer der Nazis. Von den 42 Verwandten väterlicherseits überlebten nur zwei: Sein Vater und ein Onkel. Sami Steigmann erzählte von einer deutschen Frau, die selbst nicht jüdisch war und ihm trotzdem heimlich im Lager Milch gab und so sein Leben rettete. Dabei riskierte sie ihr eigenes Leben. Ihren Namen kennt Steigmann nicht und hatte daher auch nie die Gelegenheit, sich bei ihr zu bedanken. Umso glücklicher macht es ihn aber, dass es in Israel einen Ort gibt, wo neben rund 27.000 bekannten Unterstützerinnen und Unterstützern auch ein Platz ist, der alle nicht bekannten Helferinnen und Helfer ehrt. So weiß er, dass diese Frau indirekt für ihren Mut und ihre Nächstenliebe gewürdigt wird.
Nach dem zweiten Weltkrieg planten die Eltern nach Israel auszuwandern was sie 12 Jahre später realisierten. Für ihn war es dort zu Beginn etwas Besonderes, einen israelischen Polizisten zu sehen, erinnert er sich.


Nachdem Sami Steigmann einige Jahre im israelischen Militär diente, ging er in die USA. Dort lernte er seine Frau kennen, heiratete und schenkte einem Sohn das Leben.
Mitleid will er trotz oder gerade wegen dem was passiert ist nicht. Er erzählte auch von weiteren Schicksalsschlägen, z.B. seiner Obdachlosigkeit. „Jeder Mensch würde Tiefpunkte in seinem Leben erfahren“, betonte er. Man müsse aus ihnen lernen, um stärker zu werden: „Ihr werdet in eurem Leben versagen, seid in meinen Augen aber keine Versager. Ihr seid nur Versager, wenn ihr es nicht probiert.“
Sami Steigmann sei es wichtig, dass junge Menschen aus der Vergangenheit lernen, damit Verbrechen, wie die der Nazis, nie wieder möglich sind.  „Jeder Genozid (Völkermord) und auch die Schoah haben ihren Ursprung in Worten“, betonte er. Hass, Hetze und Ideologie wären der Brandherd für hasserfüllte Verbrechen. Das müssen wir uns alle jeden Tag vor Augen führen, damit so etwas nie wieder passieren kann. „Ihr seid meine Hoffnung, ihr seid meine Zukunft.“ So gefährlich das Coronavirus auch ist: „Es gibt ein Virus, das viel gefährlicher als Corona ist – Hass.“ Über sich sagt Sami Steigmann, dass er heute trotz des großen Hasses auf der Welt keinen Menschen mehr hassen könne. Er begegne jedem Menschen mit Respekt und ohne Vorurteile. Von uns erwarte er, dass wir „upstanders“ werden, also Menschen, die nicht wegschauen wenn Unrecht passiert.
Auf die Frage eines Mitschülers, ob wir Deutsche so etwas wie Nationalstolz empfinden dürften, obwohl unsere Geschichte alles andere als zu Stolz verleitet, antwortete Herr Steigmann entschieden mit „Ja“. Die jetzigen Generationen könnten nichts für das, was damals passiert sei. Deshalb sollten wir, so wie die Bürgerinnen und Bürger jedes anderen Landes auch Stolz auf unsere Nationalität sein.

Sami Steigmann sei stolz auf die Erinnerungskultur und darauf, dass Deutschland als einziges Land volle Verantwortung für das übernehme, was es getan habe. Dass in Deutschland alle Kinder in der Schule ausführlich über die Verbrechen der Nazis aufgeklärt werden, sei ein wichtiger Schritt. Wie viele andere Überlebende auch, stellte er 2002 einen Antrag auf Schadensersatz für das, was ihm die Nazis antaten. Er rechnete nicht mit einem Erfolg, da er keinerlei Dokumente besaß, die seine Vergangenheit belegten. Trotz dessen bekam er zwei Jahre später eine Antwort mit der Bewilligung. Die deutschen Behören hatten nämlich ihrerseits in alten Unterlagen recherchiert und tatsächlich seinen Namen gefunden mit all den Beweisen, die benötigt wurden. Daraufhin wurden ihm 2500 DM überwiesen.
Den Verbrechern könne er nicht verzeihen, sagte er dem jungen Publikum. Aber er verzeihe allen, die zugesehen und nicht gehandelt hätten. Er berichtete auch von Treffen mit Nachfahren von Nazi-Funktionären. Vor dem ersten Treffen war er sich nicht sicher, wie er reagieren würde, fand es aber dennoch wichtig, die Enkel und Kinder dieser Menschen kennen zu lernen. Für ihn war es die Möglichkeit, seinen Verstand und seine Gefühle in Einklang zu bringen. Heute ist er mit mehreren der Nachfahren befreundet. Mittlerweile lebt Sami Steigmann ein bescheidenes Leben in New York.

Zum Abschluss gab er den Schülerinnen und Schülern drei Lebensweisheiten mit, die er während seines Lebens lernte:
1. Man muss sich selbst lieben und verzeihen können.
2. Man muss positiv in die Zukunft blicken und nicht in der Vergangenheit leben.
3. In einem selbst steckt viel mehr, als man vielleicht denkt.

Es gibt nur noch wenige Zeitzeugen der NS-Gräueltaten im Zweiten Weltkrieg. Anlässlich eines Referats interviewte die 18-jährige Lilian Magdanz, Schülerin aus Kirchhellen, einen Shoa-Überlebenden. Mit dem Bewusstsein darüber, dass nicht mehr viele menschen die Möglichkeit haben werden, diesen wichtigen Worten, diesen elementaren Erfahrungsberichten aus einem der dunkelsten Kapitel der Weltgeschichte zu lauschen, setzte Lilian alle Hebel in Bewegung und holte den jüdischen US-Amerikaner Sami Steigmann nach Deutschland. So viele junge Menschen wie möglich sollten die Möglichkeit bekommen, dem Holocaust-Überlebenden zu lauschen.
Mit einer kleinen Spendenaktion machte es Lilian möglich, dass der 83-jährige Sami Steigmann am 25. August vor einigen Leistungskursen der Q1 und Q2 der Gesamtschule sprechen kann – es folgen einige weitere Termine für Steigmann in der Region, um mit so vielen jungen Menschen wie eben möglich seine Erfahrungen und Gedanken teilen zu können.
„Das erste Gespräch mit Sami kam über den Schermbecker Pastor Wolfgang Bornebusch i.R. zustande, der wiederum Kontakt zu einem New Yorker Professor pflegte und schließlich die Verbindung herstellte“, erinnert sich Lilian. „Dieses erste Gespräch hat mich geprägt, ja, sogar mein Leben verändert, könnte man sagen. Ich habe gespürt, dass viele aus meinen Generationen keinen Zugang mehr zu dem Thema Holocaust haben, obwohl es so wichtig ist, die Erinnerungskultur zu wahren. Mithilfe einer Spendenaktion konnten wir dann Samis Reise nach Deutschland finanzieren.“

Tom Marquas resümiert:
Ich hatte schon oft über grauenvolle Versuche der Nazi-Ärzte an Gefangenen gelesen und kannte daher ein paar von den Methoden. Ich kann dennoch nicht annähernd nachempfinden, was Herr Steigmann damals erlebt hat. Immer wieder geht mir die Frage durch den Kopf, die sich wohl alle stellen, wenn sie über das Thema nachdenken: Wie können Menschen zu so etwas fähig sein und wie skrupellos man sein muss, einem Kleinkind solches Leid anzutun.
Immer wieder finde ich es beeindruckend zu sehen, wie es Überlebende der Schoah schaffen, ein mit Freude gefülltes Leben zu führen. Wie viel Kraft muss es wohl kosten, die Vergangenheit zu überwinden, um in der Gegenwart zu leben. 
Dass die Staatsgewalt, die ihn im Dritten Reich über Jahre entmenschlichte, endlich auf seiner Seite war muss ein unbeschreibliches Gefühl der Erleichterung und Freiheit gewesen sein. Als ich ihn fragte, was es für ihn und seine Familie bedeutete, dass die Jüdinnen und Juden kurz nach dem zweiten Weltkrieg ein Land der Sicherheit und der Heimat gründeten, betonte er, dass das jüdische Volk ein Recht auf sein eigenes Land hat und auch eigenständig über dessen Zukunft entscheiden darf.
„Words lead to action.“ Wörter haben Handlungen zur Folge - das für mich wichtigste Zitat an diesem Tag.

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