Vinyl Bus: Der rollende Plattenladen machte auf seiner Abschiedstour in Schermbeck Station 

18.10.2024 Schermbeck (geg). Kaum hat der Vinylbus geöffnet, sind auch schon die ersten Leute da und stöbern an den Plattenregalen. Nicht in einem Laden. Nein, in einem Bus. Dem Vinylbus von Michael Lohrmann aus Dortmund ganz genau. Die Schallplatten-Fans erwartet hier eine Auswahl von rund 4.000 vornehmlich gebrauchten LPs, die in dem acht Meter langen, gelb-schwarzen Bus übersichtlich präsentiert werden. Das breite Angebot deckt alle Bereiche von Rock- und Pop-Musik ab, ergänzt durch Jazz, Funk, Soul, Reggae, Avantgarde, Folk oder Soundtracks Meist sind es Männer, die ihre Vorliebe für Schallplatten nach- und auf die Suche gehen. Frauen sind zumindest in der ersten Stunde nicht zu sehen. Und kaum einer geht mit leeren Händen wieder hinaus.

So wie Tobias Niewerth aus Reken. Eigentlich fährt er in einen Plattenladen nach Bocholt um seiner Leidenschaft zu frönen. Er hat vom Stopp des Vinylbusses in Schermbeck gehört und ist hingefahren. Niewerth interessiert sich fürs Genre Jazz und Soul und wird sogar fündig. 79 Euro gibt er für eine Scheibe aus, die er noch gar nicht kannte.
Seit dem Jahr 2019 reist Michael Lohrmann mit dem Vinyl Bus, den er eher zufällig in München fand, durch Städte und Dörfer der Nation. Zu Coronazeiten musste er ein wenig auf die Bremse treten. Es läuft gut, aber: „Es ist sehr anstrengend.“ 54 Jahre alt sei er jetzt und er sehe sich nicht mit 60 noch Bus fahren. Nach fünf Jahren auf der Straße und über 300 bundesweiten Terminen geht er nun auf große Abschiedstournee. Ende des nächsten Jahres ist Schluss.
Ob man damit reich wird? „Wenn ich dreimal im Jahr auf die Malediven reisen möchte, eher weniger“, lacht er.

Während des Gespräches muss Lohrmann immer wieder Fragen über Fragen beantworten. Einer sucht nach Raritäten-Moodstring zum Beispiel. Aber solche Kostbarkeiten für Sammler gibt es ab einem Verkaufswert von 100 Euro nur auf Bestellung, erklärt der Plattenhändler. Die seltenen „Schätzchen“ ins Regal einzuräumen mache keinen Sinn. „Die werden ja nicht schöner, wenn jeder daran rumgrabbelt“, so Lohrmann. Und gegrabbelt wird viel, das ist zu sehen. Platte für Platte wird angesehen, mal herausgenommen und wieder ins Regal gepackt, bis man fündig wird. Die Interessenten stellen fest: Alle schwarzen Scheiben sind gewaschen und in guter Qualität.
Die echten Liebhaber fahren für den Besuch viele Kilometer wie die ganz unterschiedlichen Kennzeichen der parkenden PKW`s zeigen. Das wundert den Inhaber des „Plattenbaus“ auf dessen Parkplatz der Bus steht, nicht. Er berichtet, dass seine Kunden aus einem Umkreis von 100 Kilometern anreisen.