Aus einer Bauruine wurde wieder ein schmuckes Fachwerkhaus
24.9.2021 Schermebck (geg). Als Martin Stroetzel, der Anfang der 90er Jahre, Beatrice Düpmann heiratete, den alten Hof Düpmann an der Dorstener Straße 108 das erste Mal sah, dachte er: “Eigentlich ist das Haus recht schön“. Folgen hatten diese Gedanken dann erstmal nicht.
Mitte der 90er wurde der Hof dann zufällig von einem Mitarbeiter des Amtes für Denkmalpflege entdeckt. „Achdujeh hab ich nur gedacht, bloß kein Denkmalschutz für dieses alte Haus“, erinnerte sich Beatrice Stroetzel heute noch im Pressetermin und lacht. Denn der allgemeine Ruf des Denkmalschutzes ist in der Bevölkerung nicht der beste- doch sie hat sich überreden lassen.
Bei dem Haus handelt es sich um ein eingeschossiges, giebelständiges, backsteinausgefachtes Fachwerkgebäude mit Krüppelwalmdach und ist ein wichtiges Beispiel eines Wohnstallhauses am Anfang des 18. Jahrhundert. Die Fachwerkkonstruktion wird als interessantes Objekt für die Hausforschung bezeichnet und wurde deshalb unter Denkmalschutz gestellt. Aber das alte Wohnstallhaus blieb weiterhin im „Dornröschenschlaf“.
Beatrice Stroetzel hat in diesem Haus, von dem erste Aufzeichnungen im Jahr 1832 zu finden sind, bis zum Alter von 12 Jahren mit ihrer Familie bewohnt. Die Familie baute neu, weil das alte Bauernhaus durch Schäden die beim Bau der Dorstener Straße entstanden sind, quasi unbewohnbar wurde. 40 Jahre lang hat es danach leer gestanden, wurde als Lagerraum für Gartenmöbel und Ähnliches benutzt.
Im Jahr 2017 hatte Martin Stroetzel dann die Idee das Haus wiederzubeleben und hat Bauanträge für einen Umbau gestellt, die bewilligt wurden. Er sagte rückblickend: “Im Normalfall hätte man das Haus abgerissen, so marode war das“. Heike Szczepaniak (Untere Denkmalschutzbehörde Gemeinde Schermbeck) erinnere sich noch gut an ihr ängstliches Gefühl beim Betreten des alten Hauses, berichtete sie beim Pressetermin. Die Wände wären komplett schief gewesen. Aber Stroetzel hatte eine Vision und ist, wie seine Familie auch, überglücklich durchgehalten zu haben. Denn die Familie hat bei den Maßnahmen selbst Hand angelegt- hat es komplett auseinandergenommen. Sohn Nico, der das neue alte Haus bewohnt, denkt immer noch daran, wie mühselig es war, das Gebäude leer zu räumen. Daran, dass jeder Klinkerstein per Hand aus dem Mauerwerk entfernt und abgebürstet wurde. An die Upkamer möchte er eigentlich gar nicht mehr erinnert werden. Denn diese war nur 1,35m tief und stand unter Wasser. Martin Stroetzel erzählte lachend: „In Badesachen hat meine Frau die Einweckgläser mit Obst und Gemüse raus geholt“. Die Upkamer wurde dann begehbar gemacht, indem sie tiefer gelegt wurde. Schüppe für Schüppe gruben sich die Arbeitenden in die Tiefe vor. Was besonders schwierig war, da unter dem Haus ein Lehmboden liegt. Martin Stroetzel erinnert sich noch gut daran, wie der Lehm an der Schüppe festklebte.
Apropos Lehm: Dieser ist innen und außen im Mauerwerk auch verarbeitet. Auch die alten Eichenbalken konnten übernommen werden. Beim Betreten der heutigen Küche berichtet Martin Stroetzel, dass früher die Pferde nach dem Heuabladen im Stall, vorne durch die Küche wieder rausgeführt wurden. „Die Pferde haben ja keinen Rückwärtsgang“, berichtete er lachend. Die Treppe ins Obergeschoss konnte bleiben, sie musste lediglich restauriert werden. Und aus dem ehemaligen Fernsehzimmer direkt vor dem Stall, der geblieben ist und indem der Onkel Heinz Düpmann geboren wurde, ist ein modernes Badezimmer (erinnert spontan an Schöner Wohnen) entstanden.
Begleitet wurde der Bau neben dem Denkmalschutzamt für viele Monate lang auch von einem Archäologen. Jede Grabung sei beobachtet worden, viele Steine untersucht. “Die Römer-Lippe-Route verläuft hier zwar nicht, aber man weiß ja nie“, erklärte Heike Szczepaniak. Gefunden wurde auch nichts.
Rückblickend berichtet die Familie Stroetzel von einer relativ unkomplizierten Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzbehörde. Zu den Baukosten wollte er nichts sagen, nur soviel: Ein Drittel der Umbaukosten wurden durch das Denkmalschutzamt gefördert.
Dipl.-Ing. Julia Kollosche-Baumann vom Amt für Denkmalpflege beim LVR zeigte sich vom Ergebnis der Arbeiten begeistert. „So etwas kann allerdings nur entstehen, wenn alle Hand in Hand arbeiten“, sagte sie und betonte, dass es etwas Besonderes sei, dass hier alle an einem Strang gezogen hätten.
Bürgermeister Mike Rexforth, der die neue Plakette an die Familie übergab, ist stolz darauf, dass ein solch schmuckes Baudenkmal direkt am Ortseingang steht. „Für Schermbeck ist das etwas ganz Besonderes“, sagte er. Insgesamt gibt es in Schermbeck 41 denkmalgeschützte Bauwerke.