Heinz Hüppe ist einer der noch wenigen Wanderschäfer
Von Andreas Hofmann
17.5.2021 Dorsten. Jedes Jahr, von April bis September bietet sich den Betrachtern an den Lippewiesen in Dorsten ein idyllisches Bild, wenn Schäfer Heinz Hüppe seine Schafe in den Lippewiesen in Dorsten weiden lässt. Von Lippramsdorf zieht er, bis zu einem Kilometer am Tag mit seinen blökenden 500 Merinoschafen bis zur Baldurfähre. Dann wechselt er die Seite und es geht zurück nach Lippramsdorf.
Heinz Hüppe ist ein Schäfer mit Leidenschaft. Seit über 46 Jahren betreibt er die Schäferei und Zucht. Seitdem ist er in Dorsten. Vom Frühjahr bis zum Edend es Sommers. Im Winter zieht er durchs Münsterland. Er lebt mit der Natur, ist bei Wind und Wetter draußen an seinem Arbeitsplatz und das 365 Tage im Jahr.
Früh morgens geht es für ihn um sieben Uhr los und erst wenn Ruhe am Standort der Herde eingekehrt ist, verlässt er die Tiere um nach Haus zu fahren. Trotz der regelmäßigen kurzen Heimreise ist sein Beruf kein leichter, ist anstregend und verantwortungsvoll. Die Tiere müssen beobachtet werden ob Ihnen etwas fehlt, ob eines trächtig ist oder die Pflege der Schafsklauen der Schafe. Hüppe gehört zu den letzten Wanderschäfern, denn: "Der Beruf stirbt aus, er ist hart und schlecht bezahlt," erzählt er.
Jeden Tag ist er unterwegs, beaufsichtigt mit Unterstützung seines Hundes Tiger die Herde und versorgt sie. Tiger ist etwas Besonderes, denn er hat drei Augenfarben und sein Name ist auch seine Rasse. Eine alte deutsche Hüterasse, die inzwischen selten geworden ist.
Tagsüber bleiben die Besucher des Lippedammes begeistert stehen und schauen ihm bei seiner Arbeit zu. Manchmal kommt man ins Gespräch und Hüppe gibt gern bereitwillig Auskunft.
Wenn Schäfer Hüppe am frühen Morgen zu seiner Herde kommt, steht zunächst das Abbauen des wolfsicheren Gatters an. Das hält die Schafe in der Nacht zusammen und soll auch gegen den Wolf schützen. Hüppe ist da kritisch. „Vor dem Wolf habe ich Angst, zum Glück ist bis jetzt nichts passiert“, erzählt Hüppe im Gespräch. Er traut dem Wolf zu, bald auch in Dorsten zu sein. Das wäre ein Desaster für den engagierten Schäfer.
Nach dem Abbau des Gatters zieht die Herde langsam los. Tiger hat dabei die 500 Schafe im Griff, sorgt für Ordnung in der Herde und folgt ihm auf jedes Wort und jeden Pfiff. Da weiß der Hund was zu tun ist.
Die blökende Herde befindet sich an den Lippewiesen in einem geschützten Raum, einem Naturschutzgebiet. Daher ist es für Hüppe unverständlich, dass die Passanten ihre Hunde frei laufen lassen. “Die Hinterlassenschaften der Hunde werden von den Schafen beim Fressen aufgenommen und können bei den Tieren zu schweren Krankheiten oder Totgeburten führen.“ Außerdem schrecken sie die Tiere auf und die Mutterschafe können in der Trachtzeit Fehlgeburten erleiden.
Das Schafhüten ist bei Familie Hüppe Tradition. Sein Vater, Alois Hüppe, hütete bis er mit 80 Jahren starb, seine Schafe in Dorsten und er entdeckte seine Leidenschaft, als ihm aus einem Zwillingswurf 1968 ein Schaf zum Geburtstag geschenkt wurde. Und wenn Heinz Hüppe mal in den Ruhestand geht, wird sein Sohn Marc die Tradition forführen.
Hüppe muss wirtschaftlich arbeiten und verdient seinen Unterhalt durch den Verkauf des Fleisches. Die Wolle ist nicht mehr gefragt, die Nachfrage eingebrochen. Unterstützung durch Dritte, wie etwa Zuschüsse bei Bauern, gibt es für die Schäfer nicht. Dies ist unverständlich, denn da wo Hüppe weidet, können Maschinen die Vegetation nicht kurz halten. Dabei sind seine Schafe nicht wählerisch. Bis auf wenige Pflanzen „mähen“ sie die Wiesen ab und sorgen dadurch für ein ökologisches Gleichgewicht. Vorn wird „gemäht“ und hinten düngen die stickstoffhaltigen Hinterlassenschaften den Boden.
Für den Lippeverband ist das eine wichtige Partnerschaft, denn Hüppes 500 Schafe sorgen mit ihren Hufen für eine gute Verdichtung des Deichbodens und somit für präventiven Hochwasserschutz.