Die Wählergemeinschaft Zukunft Schermbeck stimmt dem Haushalt nicht zu
Rede von Thomas Heiske zum Haushaltsentwurf und zur Beschlussfassung über den Haushalt der Gemeinde Schermbeck für das Haushaltsjahr 2025 in der Ratssitzung vom 17.12.2024
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung,
sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit nehme ich für die Wählergemeinschaft Zukunft Schermbeck zu dem vorgelegten Haushaltsentwurf sowie zu den Beschlüssen in den Fachausschüssen über den Haushalt 2025 wie folgt Stellung:
I.
Zunächst einmal erlauben Sie mir einige Ausführungen zu einer Thematik, die die Schermbecker Bürger im besonderen Maße bewegt und die nicht nur in den letzten Jahren, sondern schon in den letzten Jahrzehnten von den Schermbecker Lokalpolitikern intensiv bearbeitet wurde.
Dem Thema „Verkehrsproblematik“ (insbesondere mit Blick auf die Verkehrssituation auf der Mittelstraße), haben sich diverse Kommunalpolitiker, Verwaltungsmitarbeiter und „Berater/Sachverständige“ angenommen, ohne zu einer für den Großteil der Bevölkerung befriedigenden Lösung zu kommen.
Zuletzt wurde den Bürgerinnen und Bürgern durch eine „fast-all-Parteien-Koalition“ (vergleiche Sitzung des PUMA vom 05.09.2023) suggeriert, die Einwohner Schermbecks könnten über die verschiedenen Verkehrskonzepte im Rahmen eines Bürgerentscheids abstimmen. In der entsprechenden Beschlussformel heißt es: „Rat entscheidet nach Abschluss der weitern Versuchsphase über den Inhalt und die Ausgestaltung des Ratsbürgerentscheides.“. Bei dieser Beschlussformulierung kann der ein oder andere unbefangene Bürger den Eindruck gewinnen, man könne über verschiedene Varianten abstimmen, was tatsächlich nicht der Fall ist, denn dies ist in der Gemeindeverordnung NRW nicht vorgesehen.
Nach § 26 Abs. 7 der Gemeindeordnung NRW kann über eine Frage nur mit „ja“ oder nur mit „nein“ abgestimmt werden. Eine Abstimmung über verschiedene Verkehrsflussvarianten ist damit ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen.
Angesichts des Widerstandes der Bürgerinnen und Bürger stellt sich überhaupt die Sinnhaftigkeit, eine andere Verkehrsführung auf Gedeih und Verderb durchzusetzen, als jene, die den derzeitigen Status Quo darstellt. Die im Verkehrsversuch angebotenen Verkehrsführungen scheinen jedenfalls von der Bürgerschaft mit überwältigender Mehrheit nicht akzeptiert worden zu sein, zumal eine deutliche Höherbelastung bestimmter Wohngebiete damit einhergegangen ist, sowie beträchtliche Umwege gefahren werden mussten.
Es gilt: Das Neue ist nicht immer das Bessere!
Dies gilt insbesondere dann, wenn „das Neue“ eben einfach nicht besser ist, sondern zusätzliche Belastungen schafft. Die Verkehrssituation ist – insbesondere im Bereich der Mittelstraße – zwar unbefriedigend, aber dennoch sollte die Kommunalpolitik nach vielen gescheiterten Versuchen davon absehen, krampfhaft und verzweifelt nach anderen Lösungen zu suchen. Im Übrigen sollte in der Zukunft auch darauf verzichtet werden, auswertige Sachverständige oder Beratungsbüros hinzuzuziehen, denn diese sind weit weg vom Geschehen und müssen im Zweifelsfall die Wut der Bürger nicht aushalten, wenn die vorgeschlagenen Lösungen - wie hier - nicht auf allzu große Begeisterung treffen.
Von Seiten der Gemeinde sollte
a) keine Haushaltsmittel mehr für entsprechende „Verkehrsexperimente“ eingestellt werden und
b) den Bürgerinnen und Bürgern nicht suggeriert werden, dass man über verschiedene Verkehrsführungen entscheiden könnte (die einzig mögliche Frage für einen (Rats-) Bürgerentscheid wäre: „Wollen Sie den derzeitigen verkehrstechnischen Status Quo aufrechterhalten?“. Denn diese Frage ließe sich ganz einfach mit Ja oder Nein beantworten.
II.
ZUKUNFT Schermbeck als Wählergemeinschaft hat sich immer für die Sanierung der bestehenden Grundschulstandorte ausgesprochen und gegen einen Neubau einer Grundschule, der den Gemeindehaushalt auf Jahrzehnte belasten wird.
Die Grundschulstandorte könnten mit verhältnismäßig geringen finanziellen Mitteln und Fortsetzung des Betriebes saniert und technisch auf den neuesten Stand gesetzt werden. Hiergegen hat sich die Verwaltung und der Großteil der politischen Vertreter entschieden. Stattdessen ist ein kostenintensives „PrestigeProjekt“ in Gestalt des kompletten Neubaus beschlossen worden, welches den kommunalen Haushalt nachhaltig belasten wird. Dies ist angesichts der zukünftigen Einnahme- und Ausgabeentwicklung vollkommen verantwortungslos.
In unserer Gemeinde existieren bereits zwei intakte Grundschulgebäude. Diese zu modernisieren und an aktuelle Anforderungen anzupassen, wäre sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltiger. Ein Neubau hingegen widerspricht dem Gebot der Haushaltskonsolidierung und vernünftigen Mittelverwendung. Unter Berücksichtigung von zu erwartenden Kostensteigerungen bleibe ich dabei, dass die Investitionskosten (inklusive aller weiteren Kosten, wie Planung, interne Personalkostenverrechnungen etc..) sich auf insgesamt 50 Millionen Euro summieren werden.
Diese Summe stellt eine erhebliche Belastung für den Haushalt der Gemeinde dar. Mit einem unterstellten Zinssatz von 2,5 Prozent ergeben sich allein jährliche Zinszahlungsverpflichtungen in Höhe von 1,25 Millionen Euro (ohne Tilgung) auf 20 Jahre gerechnet. Hinzu kommen die Tilgungsbeträge, die den kommunalen Haushalt ebenfalls belasten. Unter Berücksichtigung der ungewissen zukünftigen Haushaltslage ist dies schlichtweg verantwortungslos auch und insbesondere zukünftigen Generationen gegenüber.
Angesichts der finanziellen Lage sollten wir über eine Priorisierung von Maßnahmen nachdenken, die dringend erforderlich sind. Investitionen in die Instandhaltung der bestehenden Infrastruktur oder in Maßnahmen zur Verbesserung des Schulalltages (digitale Ausstattung, zusätzliche Lehrmittel) könnten schneller und effektiver realisiert werden.
Es ist bezeichnend, dass ein Großteil der Parteien sich nicht hat durchringen können, bezüglich des Neubaus eines Grundschulgebäudes sich einem Bürgerentscheid zu stellen; die Befürchtung war offensichtlich zu groß, dass die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger eine derart kostenintensive Maßnahme ablehnen würde.
Ich appelliere an den Rat, den Neubau zu überdenken. Lassen Sie uns gemeinsam nachhaltige und finanzierbare Lösungen für unsere Gemeinde entwickeln, die den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler, aber auch den aktuellen Bürgerinnen und Bürgern gerecht werden, ohne künftige Generationen zukünftig zu überlasten.
III.
Zur Haushaltsplanung:
1. Im Haushaltsentwurf ist für die Errichtung einer weiteren Flüchtlingsunterkunft ein Betrag in Höhe von 2,5 Millionen ausgewiesen mit dem Vermerk: „Bei anhaltender Zuweisung von Flüchtlingen könnte in 2025 eine weitere Unterkunft erforderlich werden“. Angesichts der jüngeren Entwicklung in wesentlichen Herkunftsstaaten wie zum Beispiel Syrien, könnte damit gerechnet werden, dass die Anzahl der Flüchtlinge deutlich reduziert, so dass eine entsprechende Neuplanung nicht mehr erforderlich ist und auch der Bürgerschaft nicht mehr vermittelt werden kann. Darüber hinaus könnte eine zukünftige Bundesregierung und der zukünftig zu wählende Bundestag eine Wende in der „Asyl- und Flüchtlingspolitik“ vornehmen, so dass auch hierdurch entsprechend die Anzahl der Flüchtlinge deutlich zurückgehen wird. Dem ist Rechnung zu tragen, in dem der entsprechende Ansatz für 2025 in Höhe von 2,5 Millionen Euro auf andere investive Maßnahmen umgeschichtet wird.
2. Wie oben bereits dargelegt, laufen die Kosten für die Sanierung öffentlicher Einrichtungen und Gebäude komplett aus dem Ruder (hier zum Beispiel: Sanierung des Hallenbades – eine bei der Ausschreibung festgestellte Kostenerhöhung von 220.000,00 €) ein entsprechender Pufferbetrag in Höhe von mindestens 25 Prozent der ursprünglichen Angebotssumme sollte immer einkalkuliert werden.
3. Ein Indiz dafür, wie wenig ambitioniert die Verwaltung in den einzelnen Fachbereichen mit der Aufstellung des Haushaltes ist, ist das Fehlen von Zielen und Kennzahlen. Ein wesentlicher Bestandteil des neuen Kommunalen Finanzmanagements war die Einführung von Kennzahlen Nach der Kommunalhaushaltsverordnung NRW besteht eine klare
Anforderung, den Kommunalhaushalt produktbezogen um Ziele und Kennzahlen zu ergänzen. Ein Großteil der Kommunen weist dementsprechend auch Kennzahlen aus, die Steuerungsbedeutung erscheint aber häufig als begrenzt. Dabei können Ziele und Kennzahlen als Kontrollinstrument so eingesetzt werden, dass sie einen Mehrwert an Steuerungsinformationen bieten und nicht bloß statistischer Anhang bleiben. Den Kommunen wird in Nordrhein-Westfalen ein Kennzahlenset an die Hand gegeben. Mit den Kennzahlen können Zeit- und Vergleichsreihen aufgebaut werden. Diese erlauben zeitnah differenzierte Aussagen zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Gemeinde, die im interkommunalen Vergleich, im Rahmen von Anzeige- und Genehmigungsverfahren oder bei der Erstellung haushaltswirtschaftlicher Sanierungskonzepte eine wichtige Rolle spielen können. Die gesetzlichen Vorgaben finden sich in § 12 der Gemeindehaushaltsverordnung NRW. Bei den im Haushaltsentwurf abgebildeten Produkten finden sich allerdings keine Kennzahlen (zum Beispiel: Seite 215, 223, 237, 251, 262, 268, 273, 283, 297 usw.). Weder werden Kennzahlen genannt, noch Produktziele definiert. Damit wird eine wesentliche Zielsetzung des neuen kommunalen Finanzmanagements ignoriert.
IV.
Auch im Hinblick auf die Semantik sollte der Haushaltsentwurf sowie sämtliche Verwaltungsvorlagen sich an den Grundsätzen der Verwaltungsklarheit orientieren. Als Beispiel hierfür können wir auf die vorliegende Tagesordnung, zum Beispiel TOP 14, verweisen. Hier heißt es in der Überschrift „Anpassung des Betriebskostenzuschusses“ (gemeint für die Sportanlage Waldsportplatz).
Damit die interessierten Bürgerinnen und Bürger sich darüber im Klaren sind, was hiermit gemeint ist, sollte auch schon in der Überschrift darauf hingewiesen werden: Nicht „Anpassung des Betriebskostenzuschusses“, sondern: „Erhöhung von gemeindlichen Leistungen an Dritte“.
V.
Der jetzt zu verhandelnde Haushalt ist mit einer Vielzahl von Fragezeichen zu versehen, auch uns insbesondere was die künftige wirtschaftliche Entwicklung angeht, wenn man sich vor Augen Führt, dass offensichtlich einige lokal ansässige Unternehmen in finanzielle Schieflage geraten sind oder diese Schieflage im laufenden Kalenderjahr droht, mit den entsprechenden Konsequenzen für die Einnahmen aus der Gewerbesteuer.
Vor diesem Hintergrund wäre es zwangsläufig notwendig, schon jetzt massive Einsparungen vorzunehmen. Die ist nicht geschehen, so dass dem Haushaltsentwurf von Seiten
des Unterzeichners die Zustimmung verweigert werden muss.