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Königspaar Dämmerwald: Wenn man schon so lange wartet, lernt man geduldig zu sein

2.2.2021 Dämmerwald (geg). Sieben Jahre hat es gedauert, bis Johannes Ostermann den Vogel sein eigen nennen und Marina Delsing zur Schützenkönigin machen konnte.

Könnt Ihr Euch überhaupt noch an den Tag erinnern als klar war, dass Ihr das Schützenkönigspaar seid? War das geplant?
König Johannes:  Der Tag des Königsschießens war ein sonniger Tag und die Vogelstange gut besucht. Die meisten waren noch leicht geschädigt, da wir am Vortag noch zu Gast beim Nachbarschützenverein in Havelich gewesen waren. Das Schießen begann daher recht gemütlich und es wurde gegen Mittag eine kurze Schießpause eingelegt. Danach ging alles ganz schnell und die Überraschung war groß, denn der Vogel ist in einem ungewöhnlich großen Stück von der Stange gefallen. Geplant war der Königsschuss schon seit sieben Jahren. So lange stand auch bereits fest. dass Marina die Königin wird. Das Throngefolge stand auch schon länger fest.

Königin Marina: Damals fragte mich Johannes auf dem Schützenfest unseres Nachbarvereins in Havelich, ob ich bei Gelegenheit Königin werden wollen würde. Ich war überrascht und sehr erfreut, dass er mich gefragt hat. Wir haben und hatten bis auf die Mitgliedschaft in der Landjugend Erle/Rhade nicht viel miteinander zu tun. Danach habe ich jedes Jahr mitgefiebert – auch aus der Ferne. Ich wohne seit 2013 in Münster und konnte nicht jedes Jahr beim Schießen vor Ort sein. Aber die Ehre wollte ich mir trotz allem nicht nehmen lassen. 2019 war ich aber da und zuversichtlich. Irgendwann soll es doch mal klappen, wenn man schon so lange wartet, lernt man geduldig zu sein. Als der Vogel dann fiel und alle ein wenig irritiert das große Stück des Vogels und den Kugelfang prüften, war ich dann doch aufgeregter als ich erwartet hatte. Wir haben uns wirklich sehr gefreut


Was war der erste Gedanke, als Ihr gehört habt, dass es 2020 keine Schützenfeste geben wird?

König Johannes: Mein erster Gedanke war das ein guter Ostermann immer zwei Jahre König ist. Aber Spaß bei Seite. Natürlich waren wir enttäuscht, dass es keine große Feier gegeben hat. Aber da ich auch der Oberst der Schützengemeinschaft bin, musste ich mich recht früh mit dem Thema Absage beschäftigen. Die Verantwortung, die wir gegenüber den Gästen haben ist schließlich groß. Wir hatten außerdem genug Zeit uns damit abzufinden und uns darauf einzustellen, da wir eines der letzten Schützenfeste der näheren Umgebung sind.

Königin Marina: Auch unabhängig davon wäre es nicht verantwortungsvoll gewesen, wenn die ersten im Jahr keine Feste feiern konnten, aber wir dann im Spätsommer so getan hätten, als wäre nichts gewesen. Wir sitzen schließlich alle in einem Boot. Besonders wenn Alkohol im Spiel ist, wird man früher oder später keine Rücksicht mehr auf Einschränkungs- und Abstandsregeln nehmen.

Habt Ihr Euch die Regentschaft genauso (abgesehen von Corona) vorgestellt?
Königin Marina: Richtig darüber gesprochen, wie genau alles laufen würde, falls es soweit sein sollte, hatten wir schon länger nicht mehr. Daher wurde der Ablauf des Kränzens, des Eierbackens und die Kleidungsfrage sehr kurzfristig geregelt. Das Wochenende des Schützenfestes war sehr heiß und wir – insbesondere die Männer des Throns – sehr froh, dass wir eine Schützengemeinschaft ohne Uniform sind. Wir sind in kurzen Kleidern und die Herren in Hemd, Fliege und Hosenträgern aufgetreten. Ich fand’s super.

König Johannes: Da wir im Dämmerwald, eines der letzten Schützenfeste in der Umgebung sind, war eigentlich klar, dass es ein ruhiges restliches Jahr 2019 werden würde. Einladungen und Besuche waren daher erst für Frühjahr/Sommer 2020 angesetzt. Wie geplant stand aber noch die Generalversammlung im Dezember an, die wir als Königspaar begleitet haben. Die erste „Regentschaftsaktion“, das alljährliche Bäumchen-Pflanzen im Februar/März, wurde dann schon Opfer des ersten Lockdowns. Ebenso das restliche Schützenfestjahr

Was bedeutet diese Regentschaft für Euch?

König Johannes: Besonders wird mir in Erinnerung bleiben, dass ich meinen Vater als König ablösen durfte. Er regierte auch zwei Jahre, aber freiwillig und geplant. Denn zum Jubiläum der Schützengemeinschaft wurde das erste Kaiserschießen ausgetragen und vorab schon entschieden, dass in dem Jahr aufgrund der Größe (oder eher „Kleine“) des Vereins nicht noch zusätzlich ein König ermittelt werden würde. Auch das erste Königsfoto an der Vogelstange mit meiner Königin und meinem Sohn war etwas ganz Besonderes. Es ist fast identisch mit dem von meinem Vater geworden, wo er damals mit mir vor 27 Jahren seinen Königsschuss feierte. Außerdem werden wir mit Sicherheit niemals die Temperaturen von 40 Grad am Festabend vergessen. Wir hatten kleine Ventilatoren um den Hals hängen, um uns zwischendurch abkühlen zu können.

Königin Marina: Ja, das heiße Wetter hat allen damals richtig zu schaffen gemacht. In der Scheune, in der wir immer feiern, war es bis spät in den Abend kaum auszuhalten. Die meisten der Gäste haben sich  draußen auf dem Hof aufgehalten – aber wir haben tapfer unsere Stellung am Thron gehalten und uns mit viel Wasser versorgen lassen. Das eigentliche Feiern und Tanzen begann daher erst spät – war dann aber umso heftiger. Wir haben für ordentlich Stimmung gesorgt und mit unserem Thron auf der Theke getanzt. Das war einer meiner liebsten Momente. Ich kann mich nicht erinnern, dass das schonmal ein Thron vor uns gemacht hat.

Wie hat Euer Umfeld reagiert, was war besonders schön? Was werdet Ihr sicherlich nicht vergessen, abgesehen von Corona?
König Johannes: Auch unvergesslich wird das Eierbacken am frühen Morgen nach dem Fest auf dem Hof der Eltern der Königin bleiben. Ab 3.00 Uhr morgens und bei Temperaturen von um die 25 Grad mutierte das,eigentliche zum Ausklingen des Festes gedachte Event, zu einem ausgewachsenen Rave.
Königin Maria: Ja, das hatte wirklich keiner erwartet. Und wir waren mittendrin. Ich liebe sowas. Irgendwer hatte eine große Box mit auf den Hof gebracht und DJ gespielt. Viele waren noch in richtiger Partystimmung, sodass wir bestimmt noch bis etwa 7 Uhr den Hof meiner Eltern zur Tanzfläche gemacht haben. Es war großartig und mein zweites Highlight.

Was habt Ihr gemeinsam als Königspaar und auch als Thron unternommen im ersten Jahr und dann auch im zweiten Jahr oder lief im zweiten Jahr gar nix
König Johannes: Im eigentlichen Regentschaftsjahr haben wir mit dem Thron am geplanten Schützenfestwochenende eine gemeinsame Fahrradtour durch unser Königreich unternommen und dabei Zugangsdaten für ein kleines Event verteilt. Wir hatten eine Art Schnitzeljagd für unsere Schützengemeinschaft vorbereitet, bei der Fragen rund um den Thron und zur Geschichte von Dämmerwald beantwortet werden konnten und jeder dazu aufgefordert wurde, für sich selbst wenigstens ein kleines bisschen Schützenfest zu feiern. Natürlich haben wir bei jedem Untertanen überprüft, ob der Kühlschrank funktioniert – auf Abstand versteht sich.

Königin Marina: Die Idee zu der Schnitzeljagt kam auf, weil wir das Jahr nicht einfach so verstreichen lassen wollten. Bisher hatten wir, abgesehen von der Inthronisationsfeier, ja noch nicht viel davon gehabt. Nicht auf jedem Hof haben wir jemanden angetroffen, da wir die Aktion geheim gehalten hatten – auch wegen Corona. Wir waren während der Tour schon ein wenig wehmütig, da das Wetter perfekt für ein gelungenes Schützenfest gewesen wäre, aber wir wurden gut über den Verlust hinweggetröstet und aufgrund der nachfolgenden Resonanz unserer Untertanen, war es ein gelungener Ersatz.

König Johannes: Und am Abend unsers Festballes hatten wir dann doch noch eine eigene kleine Feier in unserem Garten. Wir wurden von unseren Familien und den nächsten Nachbarn samt Thron damit überrascht. Es wurde ein wenig gekränzt, Suppe serviert, und gemütlich draußen beisammen gesessen.

Königin Marina: Ja, für Johannes war es eine wirkliche Überraschung. Ich hatte schon eher was geahnt, weil ich ja bei meinen Eltern sein musste. Ich wurde von ihnen für diesen Tag mit Nachdruck und ohne Ablehnungsoption nach Hause eingeladen. Da war für mich klar, dass irgendwas stattfinden würde. Ich habe mich trotzdem riesig gefreut und wir hatten einen gelungenen Abend


Waren die Kleider für 2020 schon gekauft? Und wenn ja, habt Ihr ein Event daraus gemacht?
Königin Marina: Wir haben im November 2019 begonnen uns über mögliche Kleider zu unterhalten. Das Ganze lief recht zögerlich an, auch weil wir kurze und weniger förmliche Kleider ins Auge fassen wollten. Richtig große Ballkleider werden bei uns nämlich nicht getragen. Das kann zwar jeder Thron festlegen, wie er will, aber wir waren uns da auch einig, dass keine großen Kosten für die Kleider auf uns zukommen sollten. Dann verkündete eine der Throndamen Anfang 2020, dass sie schwanger sei und vermutlich kurz nach dem Schützenfesttermin das Baby geboren werden würde. Dadurch mussten wir nun überlegen, wie wir ein für alles passendes Outfit finden– auch noch mit Babybauch. Letztlich haben wir das Thema kurz nach der Absage des Bäumchen-Pflanzens auf Eis gelegt, weil die Entwicklung nicht absehbar war und wir dann lieber kurzfristig losgegangen wären

Ist dieses Gefühl das Königspaar von Dämmerwald zu sein nach so langer Zeit noch präsent?
König Johannes: Das Königsgefühl wird mir jeden Abend in Erinnerung gerufen, da das Königsschild über meinem Platz am Küchentisch hängt. Außerdem wird man hin und wieder von den Nachbarn als König gegrüßt.

Königin Marina: Da ich in Münster wohne, begegnet mir dieses Thema eher weniger oft. Aber mir ist es wichtig der Gemeinschaft zu zeigen, wie stolz ich bin aus dem Dämmerwald zu stammen und einmal Königin sein zu dürfen. Daher bemühe ich mich nach Kräften in meiner Position, immer mal wieder ein wenig Schützenfest-Feeling bzw. ein Gemeinschaftsgefühl aufkommen zu lassen. Dafür habe ich z.B. zu Weihnachten für alle zugehörigen Höfe eine Weihnachtskarte gebastelt und ein kleines Gedicht geschrieben, welches unser Regentschaftsjahr bis dahin zusammenfasste. Mir war es wichtig zu zeigen, dass wir nicht resignieren und uns bemühen trotz aller neuen Umstände unsere Gemeinschaft zusammenzuhalten und ein wenig Hoffnung zu verbreiten

Würdet Ihr nochmal verlängern?
König Johannes: Nach aktueller Lage gehe ich davon aus das wir unsere Amtszeit zwangsläufig auf drei Jahre verlängern müssen. Damit gehen wir unfreiwillig in die Vereinsgeschichte ein. Aber getreu dem Motto: „Je länger man warten muss, desto größer die Feier“ warten wir geduldig auf den Tag unseres Festes, der mit Sicherheit früher oder später kommen wird.

Königin Marina: Dem kann ich nur zustimmen.