Neujahrstraditionen in Schermbeck und Umgebung

Von Finn Jungenkrüger und Gaby Eggert
30.12.2021 Schermbeck.  Das Ende des Jahres rückt näher und ein neues beginnt sehr bald. In vielen Kulturen ist das eine gute Gelegenheit, um sich Glück zu wünschen und spezielle Traditionen aufleben zu lassen. In Spanien sollen 12 Trauben im Mund zu Neujahr Glück bringen, während in Dänemark um Mitternacht vom Tisch gesprungen wird. In Wien wird derweil vor dem Rathaus der stadtbekannte Walzer getanzt und an der Nord- und Ostsee der Sprung ins kühle Nass genossen, um das neue Jahr einzuläuten. In Deutschland dürfen natürlich „Dinner for One“ und das Bleigießen nicht fehlen.
Auch in Schermbeck hat es in der Vergangenheit in vielen Haushalten eine Tradition gegeben (oder es gibt sie immer noch): Neujahrshörnchen und Ballebäuskes backen. Letztere sind fester Bestandteil der rheinischen Küche und werden auch in etlichen anderen Orten am Niederrhein traditionell zu Silvester und Neujahr gebacken, wenngleich der Name dieser Speise etwas variiert. In der Rheinischen Dokumenta wird diese Süßspeise als Bommböösjen bezeichnet; in der Region um Kleve ist es als Bollenbäuske bekannt. In Duisburg ist hingegen die Bezeichnung Bollebäuskes gebräuchlich. Der Wortstamm „boll“, im gesamten Rheinland ein gebräuchliches Wort, bedeutet so viel wie „hohl“, „rund“ oder „aufgedunsen“. Mit den oft noch warmen Leckereien werden dann gerne Freunde und Nachbarn überrascht und Neujahrswünsche überbracht.
Im Schermbecker Heimatmuseum gibt es gar eine Ballebäuskes-Pfanne, die einst in einem Schermbecker Haushalt zum Einsatz gekommen ist.


Diese Ballebäuschen-Pfanne hatte in der Vergangenheit in einem Schermbecker Haushalt das Backen einer Neujahrs-Spezialität ermöglicht. (Foto: Finn Jungenkrüger)

Ballebäuskes bekommen übrigens auch die Junggesellen in Besten. Denn hier besuchen die jungen Menschen, anders als beim Wurstjagen allerdings auch die Damen und Partner, einen Teil der Nachbarn in Besten. "Ungefähr 25 Personen machen sich am Nachmittag des Neujahrstages auf den Weg, um den Menschen ein Frohes Neues Jahr zu wünschen", erzählt Rico Isselhorst aus Besten, der mit dieser Tradition aufgewachsen ist. 35 Haushalte sind es, von denen die jungen Leute auch freudig erwartet werden. Rico Isselhorst sagt:"Eigentlich ist das der schönste Termin im Jahr, schöner noch als Wurstjagen". Beim Wurstjagen schenken die Junggesellen den Schnaps aus, beim Neujahrsgang erhalten die jungen Leute hingegen ein geistiges Getränk von den Bewohnern. Meist sei man auch erst früh am Morgen so zwischen zwei und drei Zuhause. Und bei diesen Besuchen in der Nachbarschaft gibt es eben auch Ballebäuskes, Neujährkes oder andere kleine Leckereien
In diesem Jahr fällt die Tradition allerdings wegen der Coronaschutzverordnung aus   

Für alle, die Ballebäuskes nicht kennen, hier ein Rezept zum Nachbacken aus einem alten Schermbecker Kochbuch:
100g Margarine, 75g Zucker, etwas Zitronensaft, 1 Prise Salz, 3 Eier, 350g Mehl, 1 Tl Backpulver. Außerdem: 2kg Kokosfett oder 2l Öl zum Ausbacken, 100g Zucker und 2 TL Zimt oder 100g Puderzucker.
Margarine schaumig schlagen, Zucker hineingeben, Zitronensaft, Salz und Eier zugeben. Rühren bis sich Zucker gelöst hat. Mehl und Backpulver mischen und unter die Eimasse geben. Fett in einem Frittiertopf auf 180 Grad erhitzen. Mit zwei Teelöffeln kleine Teighäufchen abstechen und immer 8 bis 10 auf einmal goldbraun backen, dabei jedes Bällchen einmal umdrehen. Backzeit: etwa 4 Minuten. Ballebäuschen herausnehmen und abtropfen lassen. Noch warm mit Zucker bestreuen.
In früheren Zeiten, als mit der Ballebäuskes-Pfanne gebacken wurde, geschah dies nicht in einem Frittiertopf. Die Bällchen wurden stattdessen in die Pfanne gegeben und mit Öl oder Schmalz über dem Kohleofen gebacken.

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