„Der Weg hat mich verändert“
Von Julian Schäpertöns
18.10.2017 Schermbeck. Der Schermbecker Bernhard Lakomy pilgerte den Jakobsweg – und hat ein Buch über seine Erfahrungen geschrieben
„Wie alt willst du noch werden bevor du es machst?“ Diese Frage geht Bernhard Lakomy kurz vor seinem 63. Geburtstag immer wieder durch den Kopf. Auf seinem virtuellen Zettel steht der Wunsch, einmal eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg zu unternehmen - schon lange. Doch wie es nun mal so ist, landet der Gedanke immer wieder auf dem großen Berg vergessener Ideen. Anfang 2013 trifft Bernhard Lakomy einen Entschluss: „Ich mach das jetzt!“
„Der Weg hat mich verändert“, sagt der Schermbecker, der als selbstständiger systemischer Coach arbeitet, heute. Er sei gelassener geworden, erzählt er. Zwar sei er auch vorher kein ängstlicher Mensch gewesen. Aber durch seine Erfahrungen auf dem Jakobsweg sei er noch furchtloser geworden. „Und heute sehe ich viele Dinge mit anderen Augen“, erzählt er. Der Weg ist kein Spaziergang, betont der Schermbecker. Von Tag zu Tag habe er seine Etappen geplant. Der Jakobsweg, so sagt man, hält für jeden bereit, was er braucht - man muss es nur annehmen.
Es ist September 2013 als alles beginnt. In diesem Jahr macht Bernhard Lakomy sich zum ersten Mal auf. Von Saint-Jean-Pied-de-Port bis nach Logroño legt er knapp 180 Kilometer zurück. Im nächsten Jahr setzt er seinen Weg fort bis nach Léon. Doch nur eine Teilstrecke gewandert zu haben reicht Bernhard Lakomy nicht. Er möchte wissen, wie es wohl wäre, die ganze Strecke an einem Stück zu wandern. Also steigt er im Mai 2015 für sechs Wochen aus seinem Alltag aus und beginnt im Alter von 67 Jahren seine fast 1.000 Kilometer lange Pilgerreise. „Ich wollte mich selbst wieder erden und mich auf das wichtigste beschränken. Back to the roots quasi“, erklärt der Schermbecker seine Motivation.
Mit seinem zehn Kilo schweren Rucksack geht es vom Puerto de Somport auf dem aragonischen Jakobsweg los. Im Schnitt wandert Bernhard Lakomy 25 Kilometer am Tag, an Spitzentagen sogar bis zu 34 Kilometer. „Das fordert einen körperlich schon einiges ab“, so Bernhard Lakomy. Die ersten 180 Kilometer sind sehr hügelig und einsam. „Da habe ich manchmal mehr Geier als Menschen gesehen“, sagt der Schermbecker. Im Laufe seiner Reise trifft er auf viele interessante Menschen, führt tiefgehende Gespräche und motiviert sich jeden Tag weiterzumachen. Der Weg schafft irgendwann jeden, heißt es. Bei Bernhard Lakomy war es die letzte Etappe kurz vor Muxia. „Es war eine sehr anstrengende Strecke und ging nur bergauf.“ Er beißt die Zähne zusammen und zieht es durch.
Im Juni erreicht er Santiago de Compostela. Doch ein emotionaler Abschluss bleibt aus. „Dort in der Stadt ist alles sehr auf den Tourismus angelegt, sehr voll und hektisch“, erklärt er. Aus allen Richtungen strömen Pilger in die Stadt. Als er vor der Kathedrale von Santiago steht, kommt er sich ein bisschen fremd und verloren vor. Er ist enttäuscht von dem, was er fühlt. Für ihn ist es kein guter Endpunkt. Das ganze „Business-Gedöns“ hindert ihn daran, das Gefühl zu haben, angekommen zu sein.
Also macht Bernhard Lakomy sich noch mal auf in die Einsamkeit. 90 Kilometer geht es nun aufgrund des schlechten Wetter mit dem Bus weiter Richtung Kap Finisterre, ans Ende der Welt.
Für viele Jakobspilger ist dies das eigentliche Ende des Weges. Die letzten Kilometer geht es wieder zu Fuß weiter. Hier am Atlantischen Ozean findet Bernhard Lakomy den emotionalen Abschluss, den er sich gewünscht hat. Mit Tränen der Freude im Gesicht fällt eine gewaltige Last von seinen Schultern. Was ihm in Santiago de Compostela nicht gelungen ist, passiert hier: Er kommt zu Ruhe. Es ist der spirituelle Abschluss seiner Pilgerreise, wie er es sich gewünscht hat.
Während seiner Pilgerreise hat Bernhard Lakomy ein Reisetagebuch geführt. Zuhause in Schermbeck hat er seine Gedanken in einem Buch zusammengefasst das Ende September im Selbstverlag erschienen ist. Der Titel: „Wenn jeder Schritt die Schuhe weitet – Erfahrungen auf dem Jakobsweg“. Zu beziehen ist es für 8,90 Euro als Taschenbuch bei Amazon oder auch als E-Book für 6,49 Euro bei verschiedenen Buchanbietern im Internet.
Außerdem findet am 24. Oktober um 19 Uhr in der St. Ludgerus Pfarrbücherei ein DIA-Vortrag statt, bei dem Bernhard Lakomy von seiner Pilgerreise erzählt.